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Freund der EM

Olympiasieger Matthias Steiner ist Freund der EuroHockey Championships 2023

12. June 2023

Wir stellen Euch die Freundinnen und Freunde der EuroHockey Championships 2023 vor. Ob Ex-Nationalspielerin oder Ex-Nationalspieler. Ob Fußball, Handball oder überhaupt kein Sport. Wir haben einige bekannte Gesichter für euch dabei. Im vierten Kurz-Interview lernt ihr Matthias Steiner kennen. Ex-Gewichtheber und Olympiasieger von 2008.

Herr Steiner, Sie kommen aus einer ganz anderen Sportart, dem Gewichtheben. Sie sind Europameister, Weltmeister, Olympiasieger. Warum sind Sie jetzt ein Freund der Hockey-EM geworden und wo hatten Sie Ihre ersten Berührungspunkte mit dem Hockeysport?
Hockey in der Schule. Aber da war es eigentlich immer Hallenhockey und nicht Feldhockey. Das hat  mir immer Spaß gemacht. Mir haben Mannschaftssportarten sowieso immer sehr viel Spaß gemacht, egal ob Fußball, Handball oder eben Hockey. Aber das Besondere am Hockey ist, dass es einfach eine andere Form ist. Jeder kennt Fußball, auf jedem Spielplatz wird Fußball gespielt. Man schießt den Ball und hat schon früh Zugang zu diesem Sport. In der Schule lernt man dann, den Ball mit einem Schläger zu spielen, und das ist interessant, weil es einfach anders ist. Beim Hockey läuft man zwar auch einem Ball hinterher, aber mit einer ganz anderen Haltung. Es bedarf mehr geschick, weil es einfach sehr ungewohnt ist. Ich habe mich immer darauf gefreut und habe sehr gerne Hockey gespielt. 
Weitere Berührungspunkte gab es dann im Olympiastützpunkt Heidelberg. Die Hockey-Damen waren dort immer stark vertreten und haben immer viel trainiert, vor allem im Kraftbereich. Mandy Hase fällt mir da ein. Der Hockeysport ist mir also überhaupt nicht fremd und später bei Olympia habe ich dann sowieso die Hockey-Herren kennengelernt. Nach meinem Olympiasieg hatte ich ein Management zur Unterstützung und das waren zwei Hockeyspieler, die mich dort direkt betreut haben. Aus diesen Gründen bin ich, was Hockey betrifft, tiefer in der Materie drin und vielleicht auch ein bisschen mehr mit dem Sport verbunden als andere.
 

 

Videocredits: DHB

Dann verfolgen Sie die Spiele der deutschen Nationalmannschaften natürlich auch aktiv. Was sind Attribute, die Sie am Hockeysport faszinieren?
Grundsätzlich schaue ich mir alle Sportarten an, vor allem wenn es um Entscheidungen geht. Wenn es spannend ist, wenn es um etwas geht, dann bin ich ein „Alles-Sportschauer” und dann interessieren mich alle Sportarten. Ich habe keine Sportart, die ich nur oder besonders intensiv verfolge. Was mich am Hockey besonders fasziniert, ist, dass es im ersten Moment so überschaubar aussieht und im nächsten Moment, quasi aus dem Nichts, der Ball ins Tor fliegt. Dazu kommt die wahnsinnige Geschwindigkeit, die der Ball annehmen kann. Durch die Verlängerung mit dem Schläger bekommt das Ganze eine andere Dynamik und das fasziniert mich. Auch im Vergleich zum Tennis, wo man ungefähr antizipieren kann, wo der Ball hinfliegt, hat man beim Hockey wieder eine andere Dynamik. Es ist anders, weil der Ball quasi am Schläger klebt. Es ist eine andere Darstellung eines Ballsports und das unterscheidet Hockey von den klassischen Ballsportarten. 

Wenn wir jetzt Ihre Sportart, das Gewichtheben und Hockey miteinander verknüpfen… Finden sich in diesen zwei Sportarten irgendwo Parallelen?
Ich glaube, es ist eher psychischer Natur. Du stehst irgendwann unter Druck, egal ob du Mannschaftssport oder Einzelsport machst, und dann musst du einfach Leistung bringen und funktionieren. Das haben im Grunde alle Sportarten gemeinsam. Es ist schwierig, hier direkte Parallelen zu finden. Ballsportarten tun sich da generell schwer. Gewichtheben ist ein statischer Sport. Man steht auf einem Platz und hat sehr symmetrische Bewegungen. Das gibt es in kaum einer anderen Sportart, dass es keine unvorhersehbaren Bewegungen gibt. Die größte Parallele sehe ich generell im Trainieren und darin, dass man sehr starke Nerven haben muss. 

Eine große Parallele zwischen Gewichtheben und Hockey ist, dass beide Sportarten 2008 in Peking olympisches Gold geholt haben. Haben Sie damals mit den Hockey-Herren im Olympischen Dorf gefeiert und das Team kennengelernt?
Tatsächlich nicht. Für mich war das eine Ausnahmesituation. Ich habe in den ersten Tagen nach meinem Sieg so wenig von den Olympischen Spielen mitbekommen, weil mich ein Interview nach dem anderen verfolgt hat. Dazu kam, dass ich krank wurde und mich isolieren musste. Von den Hockey-Herren habe ich deshalb leider sehr wenig mitbekommen. Aber ich kenne natürlich den Mythos, dass Hockeyspieler sehr gut feiern können. Meine Kollegen haben ausgiebig gefeiert und es sich an den Tagen richtig gut gehen lassen. Indirekten Kontakt mit den Hockeymännern gab es aber schon bei den diversen Veranstaltungen, wo angestoßen wurde. Da bin ich dann auch ein Partytiger, der bis zum Schluss bleibt. Das finde ich auch das Schöne. Warum soll man nicht feiern, wenn man eine Leistung abgeliefert hat. Wann, wenn nicht dann und das finde ich auch cool, dass die Hockeyspieler das so durchziehen.

Videocredits: DHB

Ein weiterer Grund, warum Sie ein Freund der Hockey-Europameisterschaft sind, ist Ihre Verbundenheit mit Timur Oruz. Sie haben beide Diabetes. Was bedeutet das für einen Profisportler und wie können Sie anderen Sportler*innen mit dieser Diagnose Mut machen?
Ja, das stimmt. Timur und mich verbindet natürlich der Typ1 Diabetes. Aber ich glaube, wir müssen gar nicht so viel tun. Allein die Tatsache, dass wir im Sport erfolgreich sind, hat eine große Ausstrahlung auf alle Diabetiker. Es gibt viele junge Menschen mit Typ1 Diabetes, die Sport treiben, das kann Timur bestätigen. Wir bekommen wahnsinnig viele Briefe, viele Anfragen und stehen bei Veranstaltungen Rede und Antwort. Wir schreiben auch selbst Typ1 Diabetiker an und führen Telefonate, denn wenn man als junger Mensch die Diagnose Typ1 Diabetes bekommt, ist man erst einmal alleine, verzweifelt und hilflos, weil man denkt, man ist schwer krank. Aber wenn die Betroffenen dann sehen, dass es da draußen erfolgreiche Sportler*innen mit der gleichen Diagnose gibt, dann müssen wir nicht mehr viel tun, außer erfolgreich sein. 
Als ich 18 Jahre alt war und meine Diagnose bekam, habe ich verzweifelt nach jemandem gesucht, der auch diese Krankheit hat. Den einzigen, den ich damals gefunden habe, war ein englischer Ruderer, der mit Typ1 Diabetes Olympiasieger geworden ist. Das war so wichtig für mich, weil ich mir gedacht habe: „Wenn der das schafft, dann schaffe ich das auch.” So ähnlich geht es sicher auch Timur und das verbindet uns. Wir haben eine Grundsympathie und einen Grundrespekt voreinander, weil wir beide noch viel besser verstehen, was wir eigentlich tun, um jeden Tag fit zu sein. Timur ist extrem fit und sieht gut aus - wie jeder andere Hockeyspieler auch. Das unterscheidet ihn eigentlich nicht, aber wenn man weiß, was er im Alltag noch alles machen muss, worauf er achten muss, damit wirklich alles klappt und er leistungsfähig ist, dann ist das ein höherer Aufwand, den er leisten muss als seine Kollegen und das verdient höchsten Respekt.

Videocredits: DHB

Lass Sie uns abschließend noch auf den kommenden August schauen. Warum sollten Nicht-Hockeyspieler unbedingt ein Ticket für die EuroHockey Championships 2023 kaufen?
Grundsätzlich sollte jeder Sportfan Tickets für die verschiedensten Sportarten kaufen. Man bereut es nie. Ich habe auch schon Finalspiele im Badminton oder Beachvolleyball gesehen, mit denen ich nichts zu tun hatte. Hockey ist einfach, wie eingangs erwähnt, eine ganz andere Ballsportart als Fußball, Handball oder Tennis. Das muss man einfach gesehen haben! Wer das nicht live erlebt hat, kann nicht mitreden und ist einfach kein großer Sportfan. Ich könnte jetzt tausend Gründe aufzählen. Es ist Sommer, es ist eine wunderschöne Stadt, es ist ein wunderschöner Sport und wenn man weiß, wie Hockeyspieler*innen ticken, dann weiß man auch, dass das Umfeld unheimlich sympathisch ist. Jeder kann nur gewinnen, wenn er oder sie ein Ticket für die Hockey-Europameisterschaft hat.

Videocredits: DHB

Und Herr Steiner, sehen wir uns dann in Mönchengladbach bei einem der Spiele?
Ich hoffe, dass ich dabei sein kann. Ich sitze gerade an der Urlaubsplanung für den Sommer und muss auch immer schauen, wo meine Kinder sind. Sie sind jetzt zehn und 13 Jahre alt und ich möchte sie natürlich bei so etwas dabei haben. Wir sehen uns bestimmt bei einem der Spiele.

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